Ich soll meinen Hund einschläfern lassen? Mein Hund ist 16 und er ist krank. Unheilbar krank. Ich weiß das. Aber ich will nicht.
Mein Hund hat chronisches Nierenversagen. Am Anfang haben die Tabletten gut geholfen. Er nimmt gerne Tabletten, das ist ein schönes Spiel für ihn. Das neue Futter hat ihm schon nicht so gut gefallen, aber das musste eben sein. Damals wusste ich schon, dass es nur um einen Aufschub geht, dass die Krankheit nicht heilbar ist.
Heute geht es ihm nicht gut. Er mag nicht fressen, er mag nicht laufen. Er hat viel getrunken die letzte Zeit, er hat uns genervt, nachts rausgehen, immer wieder rausgehen, obwohl es ihm immer schwerer fiel. Er legt seine Schnauze auf mein Knie und sieht mich an. Er vertraut mir.
Ist es wirklich heute so weit? Ist dieses der Tag, für den ich mir vorgenommen hatte, das zu tun, was eben sein muss, und den ich trotzdem in Gedanken immer weit weg geschoben hatte?
Mein Hund hat Nierenversagen. Er wird sterben. So oder so. Wenn ich warte, wird es noch dauern. Aber eine schöne Zeit wird er nie wieder haben. Das ist alles Vergangenheit. Also ist heute der Tag. Ich weiß das. Aber ich will nicht.
Als Hundehalter haben wir die Macht über das Leben unserer Hunde. Wir entscheiden, wie lange der Hund leben darf und leben muss. Wir haben die Verantwortung dafür, dass unsere Hunde ein lebenswertes Leben haben, dass Krankheiten behandelt werden und dass ihnen unnötiges Leid erspart bleibt.
Mir fällt ein, dass es spezialisierte Tierkliniken gibt. Ich erinnere mich, dass ich gelesen habe, dass man (anderswo) auch Hunde mit Dialyse behandelt. Aber ich weiß doch, dass das nur Ausflüchte sind, dass er nie wieder ein schönes Leben haben wird. Also heute.
Die Tierärztin nickt nur. Sie ist meiner Meinung. Es geht schnell und ohne Aufregung.
Ich habe getan, was ich tun musste, was richtig war. Nierenversagen wird nicht besser, es wird immer schlimmer. Wenn ich nicht gehandelt hätte, wäre eine Zeit furchtbarer Quälerei für meinen Hund gekommen. Ich habe ihm das erspart. Ich habe richtig gehandelt.
Aber da ist die Erinnerung. Seine Schnauze auf meinem Knie, wie er mich ansieht. Er hat mir bedingungslos vertraut. Es ist der ultimative Verrat und ich bin der Verräter.