Hundehalter zweifeln manchmal an der Notwendigkeit der Hundeerziehung, aus den verschiedensten Gründen. Manche haben einfach keine Lust, oder der Welpe ist so niedlich und tollpatschig, der tut ohnehin niemandem etwas zuleide. Und dann gibt es noch die vermenschlichende Ansicht, der Hund würde durch Erziehung an der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit gehindert.
Welpen sind tatsächlich niedlich und im Allgemeinen tun sie auch niemandem etwas zuleide. Aber aus jedem Welpen wird in bemerkenswert kurzer Zeit ein erwachsener Hund, der, wenn er keine Grenzen aufgezeigt bekommt, durchaus auch gefährlich werden kann. Das macht dann Einschränkungen notwendig, unter denen vor allem der Hund zu leiden hat. Ein gut erzogener Hund hat wesentlich mehr Freiheiten, da er niemanden stört.
Den Hund Hund sein lassen
Wer denkt, Hunde würden durch Erziehung an der Entfaltung ihrer Persönlichkeit gehindert, der sollte sich klarmachen, dass Hunde keine Menschen auf vier Beinen sind. Hunde streben nicht nach Selbstverwirklichung, sie streben danach, einen sicheren Platz in ihrem Rudel zu haben. Der Hund findet es gut, wenn man seine Entscheidungen für ihn trifft, das gibt ihm die Sicherheit, dazuzugehören. Auch im Wolfsrudel kann der einzelne Wolf keine individuellen Entscheidungen treffen, das Rudel handelt immer als Einheit, der sich der Einzelne bereitwillig unterordnet. Den Hund Hund sein zu lassen, bedeutet also, ihm aufzuzeigen, was er wann zu tun und zu lassen hat, nicht, ihm alle Entscheidungen selbst zu überlassen. Hunde sind Rudeltiere, keine Individualisten.
Hundeerziehung ist wichtig für Hund und Hundehalter
Hundeerziehung ist wichtig für den Hund, und sie ist wichtig für den Hundehalter. Der Hundehalter möchte einen Hund haben, der ein angenehmer Zeitgenosse ist, der niemanden belästigt oder stört, der für niemanden eine Gefahr darstellt und der sich so benimmt, dass er im Alltag immer dabei sein kann, egal was man gerade macht. Der Hund möchte die Sicherheit haben, in seinem Rudel voll anerkannt zu sein und immer dazuzugehören. Der Hund braucht geistige Anregung, und er braucht körperliche Betätigung und Auslastung.
Aus diesem „Anforderungskatalog“ ergibt sich fast zwangsläufig die Notwendigkeit der Hundeerziehung. Der Hund kann nur dann geistig wirklich gefordert werden, wenn er etwas lernen darf. Und er muss auch etwas lernen, wenn er immer bei seinem Familien-Rudel sein will, denn ohne ein gewisses Benehmen geht das in vielen Situationen nicht. Der Hund kann sich auch nur dann körperlich austoben und nach Herzenslust spielen und laufen, wenn er dabei niemandem zur Last fällt und erst recht niemanden gefährdet, auch nicht sich selbst.
Hundeerziehung ist also in mehrfacher Hinsicht wichtig für den Hund und für den Hundehalter. Richtig durchgeführt, macht sie dem Hund (und seinem Menschen) großen Spaß, fördert seine geistigen Fähigkeiten und gibt ihm Gelegenheit, seine körperliche Geschicklichkeit und Ausdauer zu beweisen. Hundeerziehung gibt dem Hund die Sicherheit, ein wichtiges und vollwertiges Mitglied seines Menschenrudels zu sein.
Wer keine Lust hat, seinen Hund zu erziehen, der sollte auch keinen Hund halten. Man sollte sich also vor der Anschaffung eines Hundes über die Notwendigkeit der Erziehung klar werden, auch darüber, dass das eine Tätigkeit ist, die eine Menge Zeit beansprucht. Hundehalter zu sein ist kein passiver Zustand, sondern erfordert viel Arbeit. Wer sich diese Arbeit nicht macht, der wird über kurz oder lang Ärger mit oder wegen seines Hundes bekommen, der dann zu zusätzlicher Arbeit führt. Abgesehen davon ist es fast nicht möglich, einen unerzogenen Hund artgerecht zu halten. Denn artgerechte Hundehaltung bedeutet unter anderem, dass der Hund möglichst immer dabei ist, egal, was man gerade macht.