Hund schnüffelt am Boden, Dalmatiner
}
4 Minuten
Astrid Kurbjuweit
A

Links mit * sind Affiliatelinks

Beschwichtigungsgesten oder Beschwichtigungssignale spielen eine wichtige Rolle in der Kommunikation der Hunde. Sie werden manchmal auch englisch als calming signals, Beruhigungssignale bezeichnet.

Beschwichtigungssignale werden von Hunden eingesetzt, um sich selbst und andere Hunde oder Menschen zu beruhigen, um Aggressionen zu stoppen, um Konflikte zu lösen oder um einfach Freundlichkeit zu demonstrieren. Sie spielen eine wichtige Rolle in der Vermeidung offener Aggression. Wenn der Rangniedere vor dem Ranghöheren beschwichtigt, dann findet keine Aggression mehr statt. Wenn der Ranghohe beschwichtigt, dann beruhigt sich die Stimmung im Rudel. Die Beschwichtigungsgesten sind beim Hund genetisch festgelegt, sie müssen also nicht erst gelernt werden. Menschen müssen sie allerdings lernen, wenn sie Hunde besser verstehen möchten. Einige dieser „calming signals“ können auch vom Menschen in der Kommunikation mit dem Hund verwendet werden, dies wird vom Hund durchaus verstanden.

Beschwichtigungssignale

Die Forschung hat eine Vielzahl von Beschwichtigungssignalen identifiziert, dazu gehören:

  • den Kopf abwenden, oft erst zur einen, dann zur anderen Seite. Das tut der Hund, wenn er sich bedrängt fühlt, wenn er zum Beispiel von fremden Leuten gestreichelt wird.
  • Den ganzen Körper abwenden, dem anderen die Seite oder auch das Hinterteil zuwenden. Wenn der Hund sich stark bedrängt fühlt, zum Beispiel von kleinen Kindern, die zu heftig mit ihm spielen möchten. Das beinhaltet natürlich die Aufforderung, ihn in Ruhe zu lassen.
  • Sich hinsetzen oder hinlegen, eventuell sogar mit dem Rücken zum Gegenüber. Dient der De-Eskalation. Wird häufig in Verbindung mit dem Abwenden gezeigt.
  • Sich klein machen, ducken. Dient der Abwehr von Aggression.
  • Züngeln, sich über die Nase lecken. Dieses Signal ist oft sehr schnell wieder vorbei und wird deshalb vom Menschen in vielen Fällen gar nicht bemerkt. Es ist zu unterscheiden vom Nase lecken nach dem Fressen. Beim Beschwichtigungssignal wird die Zunge nur kurz vorne an der Schnauze sichtbar. Häufig ein Zeichen von Unsicherheit.
  • Auf dem Boden schnüffeln, buddeln, sich mit etwas anderem beschäftigen. Dadurch teilt der Hund mit, dass er an einer Konfrontation nicht interessiert ist. Er fordert sein Gegenüber auf, ebenfalls auf aggressives Verhalten zu verzichten.
  • Sich kratzen (imaginäre Flöhe). Wenn der Hund sich unsicher fühlt, dann demonstriert er dadurch vorsichtshalber erstmal seine Harmlosigkeit.
  • Gähnen. Wer gähnt, ist alles, aber jedenfalls nicht aggressiv.
  • Augen zusammenkneifen, blinzeln. Ein Zeichen der Unsicherheit, oder auch die Bitte, freundlich mit ihm umzugehen.
  • Vorderpfote anheben. Eine etwas deutlichere Bitte um Freundlichkeit.
  • Erstarren, einfrieren, extrem langsame Bewegungen. Dieses Verhalten zeigen oft fremde Hunde bei einer Begegnung. Dadurch teilen sie sich gegenseitig mit, dass sie keine bösen Absichten haben. Vor allem rangniedere Hunde verhindern dadurch Aggressionen des Ranghöheren.
  • Im Bogen auf den anderen zulaufen, nicht direkt in gerader Linie. Durch dieses Verhalten teilt der Hund schon auf große Entfernung mit, dass er nicht aggressiv ist und nur friedliche Absichten hat.
  • Vorderkörper tiefstellen (strecken, Spielaufforderung). Dieses Signal wird oft gegenüber unsicheren Artgenossen verwendet. Durch die Aufforderung zum Spiel wird die eigene Harmlosigkeit betont.
  • Schwanzwedeln. Dieses Signal kann sehr unterschiedliche Bedeutungen haben, aber vor allem in der Kombination mit anderen Beschwichtigungssignalen, wie zum Beispiel dem ducken und den sehr langsamen Bewegungen, wird die richtige Interpretation dann möglich.

Die Liste ist sicher nicht vollständig.

Bedeutung der Beschwichtigungssignale

Beschwichtigungssignale dienen der Kommunikation. Der Hund möchte anderen Hunden oder auch Menschen etwas mitteilen. Zum Beispiel die eigene Befindlichkeit, dass er sich gerade unwohl fühlt. Das kann durchaus auch als Bitte interpretiert werden, ihm freundlich zu begegnen beziehungsweise das derzeitige Verhalten zu beenden. Wenn ein Hund zum Beispiel ein Kleinkind beschwichtigt, das in seiner Begeisterung an den Haaren des Hundes zieht und ihn auch sonst bedrängt, dann beinhaltet das durchaus die Aufforderung, damit aufzuhören. Viele Beschwichtigungssignale beinhalten auch die Aufforderung, auf Aggression zu verzichten: „Tu mir nichts, ich tu dir auch nichts!“.

Hunde beschwichtigen auch in Situationen, in denen sie sich unsicher fühlen. Zum Beispiel wird ein Hund, der auf ein Kommando hin zwar weiß, dass jetzt etwas von ihm erwartet wird, aber nicht was er jetzt genau tun soll, sicher Beschwichtigungssignale zeigen. Denn er merkt, dass er den Erwartungen nicht gerecht wird und möchte die daraus folgende Aggression vermeiden.

Die Beschwichtigungssignale können miteinander verbunden werden, zum Beispiel kann ein Hund ganz langsam, im Bogen auf seinen Menschen zulaufen, wenn er dessen schlechte Laune bemerkt. Dabei kann er auch noch blinzeln und sich über die Nase lecken, eventuell zwischendurch noch ein kleines Loch buddeln. Welche Beschwichtigungssignale ein Hund bevorzugt, ist individuell verschieden und auch von Rassebesonderheiten abhängig. So wird ein Hund mit langen Haaren, die seine Augen verdecken, mit Blinzeln oder Augen zukneifen keine Reaktion erzielen. Er wird also lernen, andere Beschwichtigungssignale zu benutzen.

Beschwichtigung in der Kommunikation zwischen Hund und Mensch

Alle Beschwichtigungssignale sind normale Hundeverhaltensweisen, die auch in anderen Kontexten gezeigt werden. Die Bedeutung ergibt sich also erst aus dem Zusammenhang. Insbesondere für Menschen, die in der Interpretation der Beschwichtigungssignale noch ungeübt sind, besteht also die Möglichkeit der Fehlinterpretation. Hunde machen manchmal auch noch etwas anderes als beschwichtigen.

Wenn man als Hundehalter in der Kommunikation mit dem Hund selbst Beschwichtigungssignale einsetzt, so kann man seinem Hund dadurch Sicherheit vermitteln und die Bindung stärken. Das gegenseitige Verstehen wird dadurch deutlich verbessert.

Vermeiden sollte man die Bestrafung von Beschwichtigungssignalen, auch wenn das manchmal gar nicht so einfach ist. Denn ein Hund, der für seinen Versuch, Aggressionen abzuwenden, ausgerechnet aggressives Verhalten erntet, wird die Welt nicht mehr verstehen. Die richtige Interpretation der Situation muss vom Menschen gelernt werden. Zum Beispiel ist es nicht unbedingt Ungehorsam, wenn ein Hund, der zum Kommen aufgefordert wird, sich stattdessen hinsetzt und hinter dem Ohr kratzt. Oder sich zeitlupenartig langsam bewegt und unterwegs noch Zeit hat für alles mögliche Interessante. Je mehr man sich mit seinem Hund beschäftigt, um so besser wird man seine „Sprache“ verstehen.

Grundlagen der Hundeerziehung

Grundlagen der Hundeerziehung

Der Hund muss sich ganz sicher sein, dass er dazu gehört. Er muss ganz sicher wissen, wer im "Rudel" das Sagen hat. Hundeerziehung folgt im Allgemeinen den Prinzipien des operanten Konditionierens beziehungsweise des klassischen Konditionierens. Obwohl es sich dabei...

mehr lesen
Hundeerziehung

Hundeerziehung

Hundehaltung ist untrennbar mit Hundeerziehung verbunden. Hier werden nach und nach alle Kommandos und die Grundlagen der Hundeerziehung gesammelt. Denn nur ein gehorsamer Hund ist ein angenehmer Mitbewohner, ein angenehmes Familienmitglied. Hundeerziehung ist...

mehr lesen
Beitragsbild:anetapics/Shutterstock