Streunender Hund in Südeuropa
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7 Minuten
Astrid Kurbjuweit
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Wer sich einen Hund zulegen möchte, möchte oft gleichzeitig auch ein gutes Werk tun. Einen Hund aus dem Tierheim aus seiner Not zu erlösen, verspricht für beide Seiten nur vorteilhaft zu sein. Wenn es dann aber im heimischen Tierheim nicht den Hund gibt, den man sich vorgestellt hatte, dann sucht man oft weiter, im Internet. Und wird bei Hunden aus südeuropäischen Ländern fündig.

In vielen Ländern rund ums Mittelmeer, in Spanien, Italien und Griechenland, aber auch in anderen Ländern wie Ungarn, Rumänien oder der Türkei, werden Hunde mit anderen Augen betrachtet als in Deutschland. Sie leben oft auf der Straße, gehören niemandem, versorgen sich selbst. Dadurch vermehren sie sich auch unkontrolliert und werden zur Plage.

Um der Plage Herr zu werden, werden die Hunde eingefangen und in Tötungsstationen gebracht. Dass sie dort oft nicht sofort umstandslos getötet werden, ist in vielen Fällen dem Engagement deutscher Tierschützer zu verdanken. Leider in manchen Fällen auch dem Engagement interessierter Geschäftemacher. Die Hunde sind oft abgemagert, verhaltensauffällig und krank. Es ist scheinbar offensichtlich, dass man ein gutes Werk tut, wenn man einen solchen Hund bei sich aufnimmt, und ihm damit den vorzeitigen Tod erspart.

Wunsch und Wirklichkeit

Der Gedanke dahinter ist oft, dass man den Hund aus seinem Elend erlöst und der dafür in lebenslanger Dankbarkeit bei einem lebt. Die Realität sieht oft anders aus.

Es ist relativ einfach, einen Hund, der nur abgemagert und struppig ist, mit gutem Futter wieder aufzupäppeln. Ob der Hund dafür dankbar sein wird, ist allerdings noch nicht gesagt. Schwieriger ist der Umgang mit den Hunden, die sich so ganz anders verhalten als menschenangepasste Hunde. Hinzu kommt, dass die Hunde sehr häufig krank sind.

Hunde, die jahrelang auf der Straße gelebt haben, sind oft nicht an Menschen gewöhnt. Sie leben in Rudeln, sind perfekt an das Zusammenleben mit anderen Hunden angepasst, kommen aber mit Menschen nicht zurecht. Die Erfahrungen, die sie mit Menschen gemacht haben, sind alles andere als positiv. Sie sind misstrauisch, ängstlich bis panisch, ihre Verhaltensweisen sind in der Wohnung und im Zusammensein mit dem Menschen unpassend, es fällt ihnen schwer, sich anzupassen. Es braucht sehr viel Toleranz, Können und Wissen, aber auch Zeit und Geld, um einen solchen Hund soweit zu erziehen, dass er in der Lage ist, in einer Familie, mit Menschen zu leben. Es kommt oft vor, dass Menschen nach einiger Zeit einsehen müssen, dass sie den Umfang der selbstgestellten Aufgabe unterschätzt haben.

Dass die Hunde oft auch krank sind, stellt ein weiteres Problem dar, das oft unterschätzt wird. Im Süden, rund um das Mittelmeer, gibt es eine ganze Reihe von Krankheiten, die Hunde in Deutschland und Mitteleuropa normalerweise nicht bekommen. Die Krankheiten sind manchmal schwer zu diagnostizieren, so dass nicht immer sicher ist, ob der Hund wirklich gesund ist. Dafür sind die Krankheiten übertragbar, man schleppt also zusammen mit dem Hund unter Umständen eine übertragbare Krankheit ein. Manche Krankheiten sind Zoonosen, können also auch den Menschen krank machen.

Auch wenn die Idee, dass man ein gutes Werk tut, wenn man einen solchen Hund bei sich aufnimmt, sicherlich nicht falsch ist, so unterschätzen doch viele die Kosten und die Energie, die nötig sind, um dieses gute Werk zu einem guten Abschluss zu bringen. Viele sind mit der Erziehung überfordert, mit den Tierarztkosten wächst ihnen der Hund dann endgültig über den Kopf. Bevor man also einen Hund aus dem Ausland zu sich nimmt, sollte man sich wirklich genau überlegen, ob man tatsächlich weiß, was man da tut. Denn wenn man den Hund nach einer Weile wieder abgeben muss, weil man nicht mit ihm zurechtkommt, ist keinem von beiden geholfen.

Wer einen solchen Hund ins Auge gefasst hat, sollte also nicht nur die Darstellungen der Vermittler lesen und hören, sondern auch die Erfahrungsberichte von Menschen, die bereits einen solchen Hund bei sich aufgenommen haben. Die Erfahrungen sind dabei keineswegs immer negativ, aber man sollte sich vorher klarmachen, was alles möglich ist. Man kann den besten aller Hunde bekommen, aber auch den Horror auf vier Beinen. Man weiß es nicht vorher.

Vermittlung von Auslandshunden

Es sind häufig deutsche Tierschützer, die in den unterschiedlichen Ländern aktiv sind. Die dort die Tötungsstationen unterstützen, oder die Hunde in Auffangstationen übernehmen, so dass die Hunde nicht sofort eingeschläfert werden müssen, sondern tierärztliche Hilfe und anständiges Futter bekommen. Die sich dann darum bemühen, dass die Hunde nach Deutschland kommen und dort nach Möglichkeit in gute Hände.

Meistens ist es nicht möglich, den Hunden in ihrem Heimatland neue Familien zu vermitteln. Es ist also durchaus verständlich, dass die Hilfsorganisationen versuchen, die Hunde nach Deutschland zu vermitteln. Allerdings gibt es auch hier das Problem, dass es zuviele Hunde gibt. Auch in deutschen Tierheimen sitzen mehr Hunde, als vermittelt werden können. Das zusätzliche Angebot durch die vielen vermittelnden Tierschutzvereine, die Hunde aus dem Ausland nach Deutschland vermitteln, führt ganz klar zu einem Überangebot. Es gibt an allen Ecken zuviele Hunde, auch wenn das in Deutschland weniger offensichtlich ist als in anderen Ländern.

Deshalb stehen die vielen Organisationen, die sich der Hilfe für Hunde aus Spanien, Griechenland oder einem anderen Land verschrieben haben, in Konkurrenz zueinander, und natürlich in Konkurrenz zu den deutschen Tierheimen. Die Auslandshunde sind hier oft die schwierigeren Patienten, so dass der Aspekt des guten Werkes, das man ja zweifellos tut, wenn man einen solchen Hund bei sich aufnimmt, oft stark betont wird. Jeder Verein versucht eben, möglichst viele Hunde nach Deutschland zu vermitteln. Denn ohne die Vermittlung lässt sich die Arbeit vor Ort kaum finanzieren, lassen sich immer noch mehr Hunde nicht aufnehmen und versorgen. Da ist es kein Wunder, dass die Angaben zu den Hunden nicht immer ganz wahrheitsgemäß sind, dass Schwierigkeiten und Krankheiten verschwiegen oder zumindest kleingeredet werden. Dem Interessenten soll seine Entscheidung leicht gemacht werden, denn es warten immer noch mehr Hunde auf Vermittlung. Auch den Vereinen, deren Mitglieder oft ehrenamtlich ihre Freizeit und ihr Geld investieren, wächst die Aufgabe manchmal über den Kopf.

Man sollte also vorsichtig sein, wenn die Arbeit des Vereins und der infrage kommende Hund in allzu rosigen Farben beschrieben werden.

Wenn man für sich beschlossen hat, die Arbeit dieser Vereine für unterstützenswürdig zu halten, dann kann man sich auf die Suche nach dem richtigen Verein und dem zu einem selbst passenden Hund machen. Beides ist oft schwierig. Denn unter den Vereinen gibt es auch schwarze Schafe, die für die Vermittlung Geld verlangen, aber keine dieses Geld werte Gegenleistung erbringen. Und den Hund muss man oft nach einem Foto und einer Beschreibung aussuchen, die Realität kann ganz anders aussehen.

Dabei kann man natürlich nicht erwarten, dass die Hunde kostenlos abgegeben werden. Denn sie müssen, bevor sie vermittelt werden können, tierärztlich untersucht und oft behandelt werden. Sie müssen irgendwie nach Deutschland transportiert werden. Sie brauchen Futter und einen Ort, an dem sie bis zur Vermittlung artgerecht leben können. Alle diese Dinge kosten Geld.

Allerdings ist es für den Interessenten oft schwer, festzustellen, ob der infrage kommende Hund tatsächlich der ist, dessen Gesundheitszeugnis vorgelegt wird. Ob er tatsächlich so lebt, wie behauptet wird, ob er die Eigenschaften hat, die angegeben werden. Es kommt vor, dass einfach ein einzelner Hund untersucht und die Ergebnisse dann den Interessenten aller Hunde gezeigt werden.

Auswahl des richtigen Hundes

Wenn man sich entschieden hat, einen Hund aus dem Ausland zu adoptieren, hat man eine große Auswahl. Es gibt sehr viele Vereine, die sehr viele Hunde vermitteln möchten. In der Folge gibt es einen manchmal etwas absurd erscheinenden Wettbewerb, jeder möchte natürlich „seine“ Hunde vermitteln. Um das zu erreichen, wird oft mit der Niedlichkeit und Hilfsbedürftigkeit der Hunde geworben. Sie werden zärtlich als süße Fellnasen bezeichnet oder in besonders niedlichen Posen fotografiert. Man sollte sich darüber klar sein, dass man unter Umständen einen großen Fehler macht, wenn man sich nur deshalb für einen Hund entscheidet, weil er niedlich oder hilfsbedürftig erscheint oder so dargestellt wird.

Oft wird die Rasse des Hundes als Mix aus einer angegebenen Rasse und sonstigen unbekannten Rassen angegeben. Man sollte wissen, dass selbst das bei Straßenhunden eine sehr gewagte Aussage ist. Mit Sicherheit sagen kann man nur, dass der Hund einer bestimmten Rasse ähnlich sieht. Da oft noch nicht einmal die Mutter bekannt ist, und wenn, man dann nicht weiß, welche Rasse diese hatte, sind Rassenangaben zumindest zweifelhaft. Aus dem Aussehen darauf zu schließen, dass der Hund die typischen Eigenschaften eines Hundes dieser Rasse hätte, ist jedenfalls ziemlich weit hergeholt. Rassezugehörigkeit ist weit mehr, als nur so auszusehen wie die typischen Vertreter der jeweiligen Rasse.

Auch bei den Auslandshunden erfahren die Welpen das meiste Interesse, werden auch zuerst vermittelt. Gerade bei den Welpen ist es aber besonders schwer, anzugeben, welcher Rasse sie denn nun angehören. Überraschungen, zum Beispiel bezüglich der Körpergröße, die der ausgewachsene Hund erreichen wird, sind also keineswegs ausgeschlossen. Man sollte sich also nur dann für einen solchen Hund entscheiden, wenn man auch bereit ist, unter Umständen mit einen viel größeren Hund zu leben, als man erwartet hatte. Die großen Hunde sind schwerer zu vermitteln als die kleinen, es wird also eher in der Richtung geschummelt, dass der Hund als kleinerbleibend vorgestellt wird.

Mit dem Auslandshund leben

Wer sich für einen Hund aus dem Ausland entschieden hat und von der vermittelnden Organisation eine Zusage bekommen hat, muss meistens noch etwas warten, bis der Hund nach Deutschland kommen kann. Manchmal lebt er auch schon in einer deutschen Pflegefamilie, was natürlich für beide Seiten die bessere Lösung ist. Wenn der Hund dann da ist, ist es eigentlich so, wie mit jedem anderen Hund auch. Wenn da nicht ein paar Punkte wären, über die man besser vorher schonmal nachgedacht hat. Das betrifft vor allem die Gesundheit des Hundes und sein Verhalten.

Gesundheit und Krankheiten

Hunde, die aus schlechten Verhältnissen stammen, die in ihrem bisherigen Leben schlecht ernährt, ungepflegt, ungeimpft, nicht entwurmt oder gegen Parasiten behandelt wurden, sind oft auch später, wenn sie ein besseres Leben gefunden haben, öfter und schwerer krank als andere Hunde. Das betrifft die bekannten Mittelmeerkrankheiten wie Leishmaniose, Ehrlichiose, Babesiose und noch ein paar andere, aber auch alle sonstigen Erkrankungen, die ein Hund bekommen kann. Man plant also besser ein gewisses Budget für den Tierarzt ein, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.

Verhalten und Erziehung

Das Verhalten eines Hundes wird zu einem großen Teil durch die Erfahrungen geprägt, die er als Welpe in der Zeit zwischen der vierten und der achten Lebenswoche gemacht hat. Diese Zeit wird deshalb auch als Prägephase bezeichnet. Ein Hund, der in dieser Zeit keinen oder nur negativen Kontakt mit Menschen hatte, wird wahrscheinlich ein Leben lang Schwierigkeiten mit Menschen haben. Durch konsequente, liebevolle Erziehung kann man viel gutmachen, aber man muss sich darüber klar sein, dass es mühsamer ist als bei einem Hund, der in eine Familie hineingeboren wurde.

Hunde, die auf der Straße gelebt haben, sind oft sehr ängstlich und auch aggressiv. Sie haben nicht gelernt, zu vertrauen oder mit Menschen zurechtzukommen. Einfache Erziehung ist in vielen Fällen nicht ausreichend, man braucht nicht nur die Hundeschule, sondern auch Einzeltrainings mit Hundetherapeuten und viel Zeit und Aufmerksamkeit für den Hund. Insgesamt wird der Hund wahrscheinlich sehr viel mehr Zeit, Geld und Nerven beanspruchen als ein Hund, der bei einer Familie im Wohnzimmer geboren wurde.

Fazit

Wahrscheinlich tut man ein gutes Werk, wenn man einem solchen vom Schicksal benachteiligtem Hund ein Zuhause gibt. Allerdings würde man auch dann ein gutes Werk tun, wenn man einen Hund aus dem benachbarten Tierheim zu sich holen würde. Letzeres geht wahrscheinlich mit deutlich weniger Aufwand an Zeit und Geld, kann also mit höherer Wahrscheinlichkeit geschafft werden. Denn das gute Werk, das nicht zuende geführt wird, weil alle Beteiligten überfordert sind, ist am Ende doch keins. Man sollte also sicher sein, dass man der Aufgabe gewachsen sein wird, und man sollte kein Hunde-Anfänger sein.

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Beitragsbild:Vera Larina/Shutterstock